Recht

Fallstrick Mindestlohn

Ab dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn. Damit beginnt ein bundesweit angelegtes Experiment mit ungewissem Ausgang. Die Einführung stellt viele Arbeitgeber vor bedeutende Herausforderungen. Wird gegen die oft komplizierten Regelungen verstoßen, kann es teuer werden. Der Mindestlohn betrifft auch Minijobs. Steuerzahler, die im Betrieb oder im Privathaushalt einen Minijobber beschäftigen, sollten unbedingt nachrechnen, ob durch die neue Regelung die Minijobgrenze von 450 € pro Monat überschritten wird. Geht der Minijobstatus verloren, sind gegebenenfalls höhere Sozialbeiträge und Lohnsteuer fällig. Ab dem 1. Januar 2015 ist branchenunabhängig ein Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde zu zahlen. Verstöße dagegen können mit Geldbußen bis zu 500.000 € geahndet werden, eine Verletzung der Aufzeichnungspflichten mit immerhin bis zu 30.000 €. Oft ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen, für wen der Mindestlohn gilt und welche Gehaltsbestandteile zum Mindestlohn zählen. Grundsätzlich gilt der Mindestlohn für jeden in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer. Ausnahmen bestehen vorerst für Zeitungszusteller und bestimmte, bundesweit geltende Mindestlohntarifverträge. Auch Auszubildende, Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung sowie bestimmte Praktika, zum Beispiel Pflichtpraktika im Rahmen einer schulischen, beruflichen oder universitären Ausbildung, sind vom Mindestlohn ausgenommen. Ehrenamtlich Tätige sind keine Arbeitnehmer, für sie gilt daher ebenfalls kein Mindestlohn. Einen ersten positiven Beschäftigungseffekt hat das Mindestlohngesetz bereits jetzt zu verzeichnen: Die Bundesregierung wird eine ständige „Mindestlohnkommission“ einberufen. Dieses Gremium aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern sowie beratenden Wissenschaftlern wird zukünftig alle zwei Jahre Anpassungen der Mindestlöhne per Rechtsverordnung empfehlen. Bei der Bestimmung des Mindestlohns ist große Sorgfalt auf die Ermittlung der Berechnungsgrundlage zu verwenden. Der Mindestlohn ist ein reiner Zeitlohn, also der pro Abrechnungsperiode gezahlte Lohn muss umgerechnet auf die tatsächlich geleisteten Stunden die Lohnuntergrenze erreichen. Unbezahlte Überstunden sind also kein Weg, den Mindestlohn zu umgehen, jedoch sind Arbeitszeitkontenvereinbarungen unter bestimmten, strengen Voraussetzungen zulässig. Zum Mindestlohn zählt, was ein Arbeitnehmer für seine übliche Arbeitsleistung erhält. Zuschläge, die Vergütungen für besondere Leistungen darstellen, wie Schicht-, Feiertags- und Gefahrenzulagen, gehören also nicht zum Mindestlohn. Ebenso wenig Werkzeuggeld oder Trinkgelder. Sachzuwendungen dagegen, also etwa ein Job-Ticket oder ein Tankgutschein, sind Mindestlohnbestandteil, doch — keine Regel ohne Ausnahme — sie werden nur angerechnet, wenn der Nettoarbeitslohn auch ohne sie die Pfändungsfreigrenze des Arbeitsnehmers erreichen würde. Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld zählen nur dann zum Mindestlohn, wenn sie zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Mindestlohns tatsächlich und unwiderruflich zugeflossen sind. Weihnachtsgeld, das mit dem Monatslohn für November gezahlt wird, ist also nur dem Novemberlohn zuzurechnen und nicht etwa aufs ganze Jahr umzulegen. Vorsicht ist auch geboten, wenn Rückzahlungsvereinbarungen, beispielsweise im Falle der Kündigung bestehen, denn dann ist das Geld nicht unwiderruflich zugeflossen. Auch geringfügig entlohnte und kurzfristig Beschäftigte sind Arbeitnehmer und haben deshalb Anspruch auf Mindestlohn. Dadurch kommt es zu einer de facto Stundenbegrenzung auf 52,5 Stunden im Monat, weshalb sich eventuell die Umwandlung in ein Gleitzonenarbeitsverhältnis für beide Seiten lohnen kann. Übrigens: Obwohl es sich beim Mindestlohn um einen Bruttolohn handelt, ist die Pauschalsteuer auf Minijobs nicht Bestandteil des Lohns, denn diese ist per Gesetz vom Arbeitgeber zu tragen.

Fallstrick Mindestlohn

Zudem trifft den Arbeitgeber hier eine Verschärfung der Aufzeichnungspflicht: Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit sind nunmehr für geringfügig und kurzfristig Beschäftigte aller Branchen innerhalb von sieben Tagen in deutscher Sprache aufzuzeichnen und für die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung, höchstens jedoch zwei Jahre aufzubewahren. Diese Pflichten gelten darüber hinaus auch für alle Wirtschaftsbereiche, die unter § 2a SchwarzArbG fallen. Für die Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen über den Mindestlohn ist die Zollverwaltung zuständig. Daraus folgt, dass die Zollbehörden auch Einsicht in Arbeitsverträge und andere Geschäftsunterlagen nehmen dürfen. Zu guter Letzt sollte jeder Unternehmer Interesse daran haben, dass der Mindestlohn tatsächlich ausbezahlt wird: Die neu eingeführte Nachunternehmerhaftung erlaubt es allen Angestellten eines Subunternehmers, bei Nichtzahlung des Mindestlohns ihren ausstehenden Lohn direkt vom Auftraggeber zu verlangen. Neben dem Risiko von Bußgeldern für eigenes Fehlverhalten besteht für Unternehmer sonach das Risiko, verschuldensunabhängig für Verstöße beauftragter anderer Unternehmer einstehen zu müssen. Dies verstärkt die Notwendigkeit einer sorgfältigen Auswahl von Werk- und Dienstleistern. Wie aber beispielsweise ein Nachweis der Mindestlohnzahlung mit den bestehenden Datenschutzrichtlinien verbunden werden kann, darüber schweigt sich der Gesetzgeber bislang aus. Zu empfehlen ist, sich von beauftragten Personen schriftlich zusichern zu lassen, dass diese die Vorschriften des Mindestlohngesetzes beachten werden.

27.12.2014
© Steueranwalt Disqué
www.disque.de