Recht

Immobilienweitergabe innerhalb der Familie – Probleme vorprogrammiert

Bevor eine Immobilie innerhalb der Familie weitergeben wird, sollten sich die betroffenen Personen zusammensetzen und die Folgen erörtern. Die Erfahrung lehrt, dass hierbei sehr unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen, nicht selten emotionsgeladen. Gibt es bereits im Vorfeld Unstimmigkeiten oder ist zu  befürchten, dass wichtige Punkte zu Auseinandersetzungen führen, kann es hilfreich sein, einen kompetenten Dritten als Moderator zu beauftragen.

Die wesentlichen Interessen der Beteiligten im Überblick:

1. Interessen der Eltern (Immobilieneigentümer)
Besonders die Weitergabe des eigenen Elternhauses oder die selbst errichtete Immobilie ist emotionsanfällig und respektiert nicht immer nüchterne Zahlen. Ehemals gut verdienende Arbeitnehmer und Selbstständige haben bei ihrer Altersversorgung im Wesentlichen auf zwei Bausteine gesetzt: Lebensversicherungen und Immobilien, mit deren Mieteinnahmen ein regelmäßiges Einkommen im Alter gesichert werden soll. Wird ein Teil der Mieteinnahmen noch benötigt, um den eigenen Bedarf zu decken, scheidet eine vorbehaltlose Übertragung der Immobilien auf Nachkommen aus. Entweder wird auf die Übertragung von Immobilien (zumindest in Teilen) verzichtet oder der Lebensunterhalt muss bei der Übertragung durch die Vereinbarung von Rentenzahlungen oder einen Nießbrauchs-Vorbehalt gesichert werden.
Möchten die Eltern die selbst genutzte Immobilie auch in Zukunft weiter bewohnen, sollte die Übertragung verschoben werden: Wer lange Jahre im Eigenheim gewohnt hat, wird sich schwertun, vor größeren Erhaltungsmaßnahmen den neuen Eigentümer, der zudem noch das eigene Kind ist, um Erlaubnis fragen zu müssen. Selbst kleinere Umbauten – wie z.B. die behindertengerechte Verbreiterung von Türen – sind nicht mehr ohne Einwilligung möglich. Ist der Ernstfall bereits eingetreten und findet eine Übertragung von Todes wegen statt, mangelt es oft an Vorbereitung. Für die Erben bedeutet das häufig eine langwierige Auseinandersetzung. Besonders bei Immobilien kann das dazu führen, dass der Wert des Nachlasses schon sinkt, bevor die Erben endlich Zugriff darauf haben. Eine Übertragung zu Lebzeiten unter Nießbrauchvorbehalt kann dies vermeiden. Ist das zu vererbende Gesamtvermögen höher als die Erbschaftsteuerfreibeträge, kann eine frühzeitige Übertragung Steuern sparen, denn die Steuerfreibeträge der Erbschaft- und Schenkungsteuer leben nach zehn Jahren wieder auf.

2. Interessen der Kinder (potenzielle Erben)
Erbt ein Nachkomme eine Immobilie, möchte der Erbe die Immobilie möglicherweise zukünftig selbst nutzen. Sind nach einem Instandhaltungsstau größere Investitionen erforderlich, darf die Finanzierung der Ausgaben den neuen Eigentümer nicht vor Probleme stellen.

Immobilienweitergabe innerhalb der Familie – Probleme vorprogrammiert


Häufig unterschätzt wird der Renovierungsaufwand, den eine Immobilie verursachen kann, wenn Instandhaltungsarbeiten jahrzehntelang vernachlässigt wurden. Ist die erworbene Immobilie fremdvermietet, muss zunächst geklärt werden, ob der bestehende Mietvertrag ohne Weiteres wegen Eigenbedarf gekündigt werden kann. Mit Erwerb des Eigentums an einer Immobilie sind für den Erwerber nicht nur Vorteile, sondern auch Verpflichtungen verbunden. Häufig sollen bei der Übergabe auch Darlehen mit übergehen, die zur Finanzierung der Immobilie aufgenommen wurden. Damit tritt der Übernehmer in die Darlehensverpflichtung ein. Kommt es bei fremdvermieteten Objekten zu Leerstand oder Mietausfällen, müssen etwaig übernommene Darlehen aus anderen Einnahmequellen bedient werden, was zu existenziellen Nöten führen kann. Oft fallen bei einer Übernahme auch Abfindungszahlungen an, die an Geschwister oder Miterben zu leisten sind, wenn diese ebenfalls Erbschaftsansprüche haben und weniger Vermögen übertragen bekommen. Von einer Übertragung auf mehrere Kinder zu gleichen Teilen sollte Abstand genommen werden. Dadurch werden die Probleme häufig nur noch größer. Es entsteht eine Eigentümergemeinschaft, die zunächst einmal aneinander gebunden ist und sich darüber einigen muss, wie die Immobilie künftig verwaltet wird. Zahlreiche Entscheidungen müssen einstimmig getroffen werden, zum Beispiel die gemeinsame Abgabe einer Steuererklärung.

3. Interessen der Mieter (Nutzer)
Durch einen Eigentümerwechsel tritt der neue Eigentümer als Vertragspartner in bestehende Mietverträge ein und ist auch an die getroffenen Vereinbarungen gebunden. Dennoch kann die Veränderung für langjährige Mieter Anlass zur Sorge sein, wenn eine persönliche Beziehung zwischen Mieter und Vermieter bestand. Immerhin ist nicht sicher, dass zum Nachfolger ein ähnliches Vertrauensverhältnis entsteht. Nicht selten wurde der Mietzins jahrzehntelang nicht an veränderte Verhältnisse angepasst. Dazu treten oft noch Ängste auf den Plan, der neue Eigentümer könnte durch aufwendige Sanierungen oder sonstige Veränderungen Anlass für starke Mieterhöhungen schaffen.

15.10.2020
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